Messungen an der Dutch & Dutch 8C

Der DD8c auf den „Zahn“ gefühlt

Als unsere Dutch & Dutch 8C ca. 6 Wochen nach Bestellung endlich eintraf, wollten wir sie erst mal auf Her(t)z und Nieren überprüfen. Die 8C wurde ja schon von zahlreichen Zeitschriften vermessen, aber zum Thema vertikales Rundstrahlverhalten hatten wir bisher noch nichts gefunden. Wenn der Frequenzgang im Übernahmebereich auch unter +/- 5 oder sogar +/- 10° linear verläuft muss man sich – je nach Hörabstand – keine großen Gedanken zur Höhe des Ständers machen.

Außerdem wollten wir wissen was denn da im Detail passiert, wenn man für den Abstand der Seiten- und Frontwand bestimmte Werte einstellt, wie dies in der Bedienungsanleitung empfohlen wird.

Einfluss der Ohrhöhe

Um den Einfluss des Frequenzgangs auf die Ohrhöhe zu bestimmen haben wir den Frequenzgang etwa in der Mitte unseres Hörraums in 50 cm Abstand zur Frontplatte in verschiedenen Höhen gemessen (die 8C stand dabei auf einem 65 cm hohen Ständer):

Einfluss der Mikrofonhöhe
Hinweis: dass der Frequenzgang leicht abfällt liegt an den Reflexionen in unserem Hörraum

Die Mitte des Grundtöners entspräche einer Mikrofonhöhe von 81.5 cm, die Mitte des Hochtöners läge bei einer Höhe von 103 cm. Die grüne Kurve entspricht einer Mikrofonhöhe von 95 cm, also etwa die Mitte zwischen beiden Chassis. Wenn man die Mikrofon- bzw. Ohrhöhe um +/- 10 cm ändert (das entspricht einem Winkel von +/- 11.3°) ergibt sich nur eine geringe Abweichung. Bei einer Hörentfernung von 3 m könnte man also die Ohrhöhe um +/- 60 cm variieren, ohne dass sich der Frequenzgang im Mittel mehr als +0.1/-0.9 dB ändert.

Einfluss der Einstellungen Front / Side Wall auf die rückwärtigen Tieftöner

Messung an den Subwoofern

Die physikalische Akustik besagt, dass eine Schallquelle in der Nähe EINER Wand 6 dB mehr Schalldruck produziert als bei KEINER Wand. Bei ZWEI Wänden (Kantenanordnung) erhöht sich der Schalldruck sogar um 12 dB. Es wäre daher zu erwarten gewesen, dass bei kleinen Abständen zur FRONT WALL bzw. SIDE WALL (jeweils die rote Kurve) der Pegel der rückwärtigen Tieftöner um jeweils bis zu 6 dB im Vergleich zur „freien“ Abstrahlung (Stellung FREE = magentafarbene Kurve) abgesenkt wird.

Einfluss der Einstellungen der Front Wall (Tieftöner)

Einfluss der Einstellungen der Side Wall (Tieftöner)

Bei der Einstellung FRONT WALL 20cm beträgt die Absenkung im Mittel tatsächlich ca. 6 dB. Bei der Einstellung SIDE WALL 20 cm beträgt die Absenkung maximal 5 dB und ist leicht frequenzabhängig -> wegen der nierenförmigen Abstrahlung (s.u.) der 8C fällt der Effekt der Seitenwand geringer aus.

Während der Effekt der SIDE WALL bei höheren Wandabständen noch relativ gleichmäßig ausfällt zeigt sich bei der FRONT WALL zwischen 40 und 200 Hz ein zunächst unerwartetes Verhalten: bei Wandabständen von 60 bis 140 cm gibt es selbst gegenüber der FREE-Abstrahlung Pegelerhöhungen um bis zu 10 dB! Was soll das denn?

Wenn die 8C z.B. in 1 m Abstand von der FRONT WALL steht, dann erreicht den Zuhörer zum einen der Direktschall der Tieftöners, zum anderen die Reflexion an der FRONT WALL, die ca. 2 m mehr Weg zum Zuhörer zurücklegen muss. Bei einer Wellenlänge von 4 m (= 343/4 = 86 Hz) käme die 2 m „später“ eintreffende Reflexion genau 180° phasenverschoben an und würde den Direktschall komplett auslöschen (wenn die Reflexion nicht etwas leiser wäre). Dies wird bei der Dutch & Dutch 8C offenbar durch eine kombinierte Pegelanhebung und Phasendrehung verhindert.

Einfluss der Einstellungen der Front Wall (Tieftöner)

Die Anhebung bei Abständen > 100 cm um bis zu 15 dB (gegenüber einem Wandabstand von 20 cm) stresst das System (das entspricht der 32-fachen Verstärkerleistung) -> die Dutch & Dutch 8C kann ihre Vorteile beim maximalen Schalldruck am besten bei wandnaher Aufstellung ausspielen!

Einfluss der Einstellungen Front / Side Wall auf den frontseitigen Grundtöner

Messung am Grundtöner

Gemäß den obigen Ausführungen wäre mit ähnlichen aber – durch das nierenförmige Abstrahlverhalten des Grundtöners – abgeschwächten Effekten zu rechnen gewesen:

Einfluss der Einstellungen der Front Wall (Grundtöner)

Einfluss der Einstellungen der Side Wall (Grundtöner)

Seitlich sind die Effekte sehr ähnlich wie bei den rückwärtigen Tieftönern, nur etwas abgeschwächt durch die nierenförmige Abstrahlcharakteristik. Bzgl. der Reflexionen an der Rückwand zeigen sich nur geringe Einflüsse, da die Abstrahlung nach hinten durch die Nierencharakteristik ohnehin stark reduziert ist. Hier muss also der Tieftöner den Großteil der Korrektur-Arbeit machen. Das entlastet den Grundtöner, der ohnehin noch die kritischen mittleren Frequenzen wiedergeben muss.

Einfluss der Einstellungen Front / Side Wall auf die seitlichen Öffnungen

Einfluss auf seitliche Öffnungen

Zum Thema „Schallaustritt aus den seitlichen Öffnung“ hatten wir im Netz auch noch nichts gefunden. Dort tritt der rückwärtige Schall des Grundtöners aus (180° phasenverschoben zum nach vorne abgestrahlten Schall), allerdings ggf. zeitverzögert und durch interne Absorption abgeschwächt. Im Gegensatz zu einer offenen Schallwand (= Dipol) hat eine solche Konstruktion eine tendenziell nierenförmige Richtcharakteristik (= Cardioid):

Polardiagramm

Einfluss der Einstellungen der Front Wall (Öffnung links)

Einfluss der Einstellungen der Side Wall (Öffnung links)

Messung: Tieftöner, Grundtöner, Öffnung

Offenbar werden die seitlichen Öffnungen nur zur Erzielung des Cardioid-Effektes < 300 Hz benötigt, darüber wird durch die schmale Schallwand und die Richtwirkung des Grundtöners ein entsprechendes Rundstrahlverhalten erreicht. Dutch & Dutch geben in ihrem Spec-Sheet folgenden Verlauf an:

Richtwirkung horizontal

Messung der Dutch & Dutch 8C in unserem Hörraum

DD8c im Hörraum

Nach Anpassung des seitlichen Abstands (FREE) und das Abstands zur FRONT WALL (30 cm) wurde der Schalldruck am Hörplatz gemessen:

Messung DD8c im Hörraum

-> der linke Lautsprecher steht deutlich näher in der Ecke als der rechte (-> höhere Bassüberhöhung)

-> der rechte Lautsprecher sieht eine große Fensterfläche (-> höherer Hochtonpegel)

-> aus der Raumtiefe von 4.25 m ergibt sich eine stehende Welle bei 171.5/4.25 = 41 Hz

-> der globale Verlauf entspricht in etwa dem Einfluss der Nachhallzeit (s.u.)

Schon mit wenigen PEQs können die Überhöhungen im Bassbereich „entschärft“ werden:

Messung DD8c im Hörraum

Normalerweise wird eine Überhöhung um 35 Hz gerne in Kauf genommen, das ist zumindest unsere Erfahrung nach 15 Jahren Einmessung von DSP-basierten Lautsprechersystemen. Bei der Dutch & Dutch 8c war das aber eher zu viel des Guten und wurde später noch zurückgenommen. Die richtige Bass-, Grundton- und Hochton-„Dosis“ kann man nach unserer langjährigen Erfahrung erst finden, wenn man mehrere kritische Musikstücke gehört hat, denn das Ohr ist immer noch der letzte Schiedsrichter! Ein Mikrofon „hört“ halt ganz anders als der Mensch . . .

Warum ist der Frequenzgang am Hörplatz nicht gerade?

Was den Laien möglicherweise verwundert ist, dass der Frequenzgang am Hörplatz nicht linear ist. Im Allgemeinen wird ein linearer Frequenzgang auf Achse als ideal angesehen – alle Töne sollen genau gleich laut wiedergegeben werden. Wenn man aber einen solchen Lautsprecher am Hörplatz misst ergibt sich in der Regel ein zu hohen Frequenzen hin abfallender Frequenzgang. Das kommt daher, dass am Hörplatz nicht nur der direkte Schall ankommt (der auf Achse abgestrahlt wird) sondern auch Reflexionen von den Seitenwänden, Boden und Decke. Diese Reflexionen müssen einen Umweg zurücklegen und kommen daher später am Ohr/Mikrofon an und sind leiser (wegen des längeren Weges und weil die Reflexionsflächen mit zunehmender Frequenz den Schall zunehmend absorbieren = schlechter reflektieren). Diese Reflexionen tragen auch zum Lautstärkeeindruck bei, allerdings ist der Effekt der Reflexionen beim „dummen“ Mikrofon (misst aus allen Richtungen gleich) und beim „schlauen“ Menschen (der den Direktschall und die Reflexionen u. a. wegen der spezifischen Richtwirkung der Ohren und der Nachverarbeitung im Gehirn unterschieden kann) anders.

Auch ein perfekt rundumstrahlender Lautsprecher mit linearem Frequenzgang würde am Hörplatz keinen linearen Frequenzgang erzeugen, da das Absorptionsverhalten des Hörraumes in aller Regel frequenzanhängig ist:

  • bei tiefen Frequenzen < 200 Hz wird üblicherweise nur wenig Schall absorbiert
  • bei hohen Frequenzen > 2000 Hz wird mit zunehmender Frequenz zunehmend viel Schall absorbiert

Idealer Lautsprecher?

Wenn ein idealer Lautsprecher ein rosa Rauschen abstrahlt (das entspricht ungefähr dem mittleren Spektrum von Musik) und man das Rauschen plötzlich abschaltet, hallt das Rauschen bei tiefen Frequenzen < 200 Hz in der Regel länger nach, bei hohen Frequenzen > 2000 Hz klingt es zunehmend schneller ab. Die sogenannte Nachhallzeit T60 beschreibt dieses Verhalten, sie ist also bei tiefen Frequenzen üblicherweise größer als bei hohen Frequenzen. Für Abhörstudios und Wohnräume für Musikwiedergabe gibt es unterschiedliche Empfehlungen für die Nachhallzeit, sie sollte im mittleren Frequenzbereich jedoch möglichst gleich bleiben.

Zwischen der abgestrahlter Schallenergie und dem Schalldruckpegel an einem Messpunkt im Raum gibt es einen Korrekturfaktor [dB] = 10*Log10(T60 [s]). Wenn man also die Nachhallzeit eines Raumes kennt kann man ausrechnen, welchen Schalldruckpegel ein idealer Lautsprecher in diesem Raum erzeugen würde. Der so ermittelte Frequenzgang wurde in den obigen Diagrammen als grüne Kurve gezeigt. Da die Dutch & Dutch 8C im relevanten Frequenzbereich > 150 Hz ein gleichmäßig abfallendes horizontales Rundstrahlverhalten hat (sogenanntes Constant Directivity-Verhalten) verhält er sich im Hörraum weitestgehend wie ein idealer Lautsprecher.

Ein „normaler“ Lautsprecher würde mit zunehmender Frequenz zunehmend bündeln, bei linearem Frequenzgang auf Achse würde die insgesamt abgestrahlte Schallenergie zu hohen Frequenzen hin dann abnehmen. Damit sich am Hörplatz trotzdem der empfohlene Frequenzgang ergibt müsste also der Frequenzgang auf Achse entsprechend angehoben werden. Das klingt dann zunächst „frisch“ und „spritzig“, mit der Zeit nervt das aber und klingt anstrengend.